Tageswanderfahrt in Tegel – mit dem RBL-Team nach Berlin

Peter Scholl | 18. Juli 2022

Als ich gefragt wurde, ob ich helfen könnte die Boote mit dem Vereinsbus nach Berlin zum Wettkampf der Ruderbundesliga zu fahren, dachte ich mir, dass sei eine prima Gelegenheit, für eine kurze Wanderfahrt in diesem tollen Rudergebiet. Da ich nicht so erfahren mit Wanderfahrten bin und dann auch noch mit einem Einer unterwegs sein wollte, habe ich mich vorher vorsichtig erkundigt und eigentlich gedacht, dass mir diese Idee schnell ausgeredet würde, aber ich traf auf viel Unterstützung.

Also packte ich unseren TD mit auf den Hänger, organisierte mir eine Übernachtungsmöglichkeit im toll ausgestatteten Ruderhaus des Ruderclubs Tegelort an der Havel. Die Wettkämpfe der Ruderbundesliga fanden beim RC Tegel am nördlichen Ende des Tegelersees statt, dort war mir zu viel los und vermutlich ohnehin keine Möglichkeit mich unter zu bringen.

Am Freitag fuhren wir alle mit dem Bus zunächst nach Fühlingen um die beiden Achter noch auf den Hänger zu laden und die Menschen auf die Busse zu verteilen. Nach längerer Fahrt ohne größere Staus sind wir gegen halb sechs in Tegel angekommen. Wir wurden freundlich begrüßt und eingewiesen. Die Boote waren schnell aufgeriggert, denn es sollten noch Trainingsfahrten stattfinden. Mein TD war auch schnell fertig, so dass ich mich mit dem Boot auf die etwas mehr als 5km lange Strecke zu meinem Nachtquartier machen konnte. Im Prinzip musste ich ja nur an der Ostküste des Sees entlangfahren, in die Havel einbiegen und dann ein bisschen die Havel entlang ;-). Ein paar Inseln auf dem See haben mich dann doch etwas nervös gemacht, es ist aber gut gelaufen und es war herrlich bei dem flachen Sonnenstand und der Ruhe zu rudern. Eine Fähre musste ich passieren und konnte dann schon am Steg anlegen. Das Tor zum Steg war verschlossen – und ich hätte ohne Kletteraktion gar nicht weg gekonnt. Aber Steffi Lehmann vom RC Tegel kam mir schon entgegen, brachte mir meinen Schlüssel für die beiden Tage und zeigte mir alles. Die Räumlichkeiten waren sehr großzügig, neue große Duschen, zwei Schlafräume (von denen einer von Ukrainischen Gästen belegt war), Küche, großer Saal, kleiner Saal, … . Ein Fahrrad wurde mir auch noch zur Verfügung gestellt, mit dem ich an dem Abend noch einkaufen konnte. Jetzt musste ich nur noch auf mein Gepäck warten, dass Elli mir vorbei gebracht hat. Leider gab es beim Boot der RBL-Damenmannschaft schon während des Trainings einen Defekt an der Dolle, der für Aufregung und etwas Stress sorgte. Nachdem mein Gepäck angekommen war begab ich mich daran, meine Hängematte zwischen zwei Bäumen (naja es war ein Baum und ein Fahnenmast) aufzuhängen, denn so hatte ich es eigentlich geplant und schlief auch schnell ein.

Samstag sollte nun der Tag der eigentlich „Wanderfahrt“ auf der Havel werden – als ich wach wurde, verpackte ich schnell meine Hängematte, da sie doch für möglicherweise stattfindenden Ruderbetrieb ungünstig hing. Und als ich dann unter der Dusche stand gab es auch prompt einen ordentlichen Schutt, so dass ich riesiges Glück hatte, alles noch im trockenen zu verpacken. Nach einem weiteren Einkauf lernte ich beim Frühstück die ukrainischen Gäste kennen (4 Frauen und zwei Kinder) und mit einer Mischung aus Englisch und Deutsch konnten wir uns gut verständigen. Als ich dann gegen 10 Uhr los wollt, war das Wetter gar nicht mehr so freundlich, es war zwar trocken aber es wehte ein heftiger Wind, der das Wasser doch sehr unangenehm werden ließ. Eigentlich hatte ich mit einem sehr heißen Wochenende gerechnet und nun das. Wo ich schon mal da war, wollte (oder musste?) ich jetzt auch da durch. Es kam der Thekendienst (immer Samstags von 10-16 Uhr für möglicherweise vorbei kommende Ruderer) und half mir mein Boot ins Wasser zu tragen und mich vom Steg abzustoßen. Leider hatte ich heftigen Gegenwind und unangenehme Wellen. Nach ca. 2km dachte ich schon, die Fahrt wäre zu Ende, denn der Wind hatte mich in ein Seerosenfeld geweht und ich hing mit dem Steuerbord-Skull in Seerosenschlingpflanzen fest, es ließ sich auch kaum lösen geschweige denn über Wasser zu halten. Zudem kamen von der Backbordseite immer noch vom Wind getriebene Wellen, die mich – manövrierunfähig, wie ich war – in Richtung der Seerosen schoben. Sollte ich aussteigen müssen, um die Seerosen zu lösen? Nach einiger Zeit mit viel Gerappel und Fluchen bekam ich das Skull dann doch wieder frei, achtete bei den weiteren Zügen darauf das Blatt nicht tief einzutauchen und konnte mich aus den Seerosen befreien. Nächstes Mal fahre ich auf jeden Fall auf der Seite des (breiten und teilweise See-ähnlichen) Flusses, aus der der Wind kommt… wieder was gelernt.

Jetzt kam immer mal wieder die Sonne raus und unter meiner schwarzen Regenjacke wurde es warm und in meinem Gesicht unangenehm. Bei dem Wind traute ich mich auf dem Wasser nicht meinen wegen Überfüllung sehr verklemmten Seesack hinter dem Ausleger herauszuziehen und mich einzucremen aber irgendwann habe ich eine etwas windgeschützte Stelle zwischen zwei größeren Bootsanlegern gefunden, wo ich dann meine Kappe aufsetzen, ein bisschen Sonnencreme auftragen und die Jacke ausziehen konnte. 500m weiter kam dann ein Steg – hätte ich das vorher gewusst ;-). Dort legte ich trotzdem an und verfrachtete ein bisschen von meinem Gepäck in den Luftkasten (insbesondere die Regenjacke).

Der nächste Teil der Strecke über den Nieder Neuendorfer See war noch mal von viel Mühe mit dem Wind geprägt, aber als ich dann auf dem schmalen Teil der Havel angekommen war und ich die Sache mit dem Windschatten verstanden hatte, war es ein nettes Rudern mit nettem Kontakt zu Kanufahrern, Stand-UP-Paddlern und Bootsführern. Vorbei an netten Häusern, viel Grün und einer kurzen Suche nach einem Ruderbootsanleger in Henningsdorf erreichte ich dann gegen 14 Uhr auch die Gaststätte „Zum weißen Schwan“ in Hohenschöpping, die mir als mögliches Ziel im RC Tegelort genannt worden war. Dort hatte ich etwas Respekt vor dem Anlegen an einem hohen Steg, aber es gelang dann doch und das Weizenbier war verdient. Etwas weiter die  Havel hoch sollte es noch eine Marina geben und da ich als Rätsel für meinen Bruder, der in der Gegend wohnt, zwei Caches verstecken wollte ruderte ich die Marina auch noch an. Der Steg war noch höher und eine mühevolle Kletterei (hinterher hat mir der Hafenmeister gesagt, dass am Ende des Hafens noch flachere Stege seien 🙂 ). Die sanitären Einrichtungen dort waren aber sehr komfortabel – glücklicherweise wurde mir der Code von einem Motorbootfahrer verraten.

Per Handy teilte ich am Bootshaus mit, wo ich mich ins Fahrtenbuch eingetragen hatte, dass ich doch nicht wie geplant vor 16 Uhr zurückkommen würde und fuhr die Strecke entspannt zurück. Um am Sonntag keinen Stress beim Hängerbeladen zu bekommen, fuhr ich mit einem kurzen Stopp in Tegelort (Fahrtenbuch eintragen) direkt zurück zum RC Tegel und dachte eigentlich, dass ich um 18 Uhr nach dem Rennen ankommen würde. Die waren aber noch in vollem Gange und so war ich sehr überrascht mich plötzlich mitten zwischen schnell rudernden Achtern wiederzufinden. Zügig begab ich mich auf die Seite und drehte kleine Runden, beobachtete dabei die Achter beim Warmfahren und den Trainingsovrbereitungen und konnte dann so gegen 19.30 Uhr anlegen. Wir machten dann noch schnell den Hänger für den nächsten Tag fertig und ich fuhr mit dem Vereinsbus zur Unterkunft. Die letzte Nacht habe ich mir dann doch eins von den Betten gegönnt 😉 Der Aufwand die Hängematte wieder auf- und abzubauen war einfach zu groß.

Der nächste Termin der RBL ist in Minden – vielleicht eine gute Gelegenheit für eine Wanderfahrt auf der Weser?!

Aufriggern am Vorabend der RBL
Aufriggern zum Training am Freitagabend
Steg des RC Tegel
Steg des RC Tegel am Vorabend der RBL
Ablegen in Tegel
Ablegen in Tegel
Ruderhaus RC Tegelort
Das Ruderhaus des RC Tegelort
TD am Steg des RC Tegelort
Ankommen beim RC Tegelort
Hängematte mit Tarp
Hängematte mit Tarp
sehr breiter Einer
So einen Einer hätte ich mir bei den Wellen gewünscht – mit Kofferraum
Kleines Boot an hohem Anleger
Anleger am Gasthaus – hier werden größere Boote erwartet 😉
große Schiffe auf der Havel
Mit großen Schiffen muss man sich das manchmal kleine Gewässer teilen
Parkplätze für leere Schubverbandsteile
Parkplatz für Schubverbände
Bootshaus Oberhavel Henningsdorf
Bootshaus in Oberhavel Henningsdorf
RC Tegel vom Wasser aus
Zurück beim RC Tegel
Siegerehrung RBL
Siegerehrung bei der RBL
Wanderfahrt Berlin Strecke 1 RCTegel nach Tegelort
erster Teil der Strecke – RCTegel nach Tegelort
Wanderfahrt Berlin
zweiter Teil der Strecke – Tegelort nach RC Saffonia. Dort steckte ich in den Seerosen…
Wanderfahrt Berlin Strecke 3
dritter Teil der Strecke vom RC Saffonia zur Gaststätte Weißer Schwan in Hohenschöpping
Wanderfahrt Berlin Strecke 4
letzter Streckenteil von weißen Schwan zur Marina Havelbaude
2 Kommentare
Achim Weiffen

Das fremde Ruderrevier zu entdecken war sicher spannend, Du hast ja viel erlebt, Peter!

zdenek.horak

Hallo Peter,
ich bin begeistert von diesem tollen Erlebnisbericht,
Ich habe ihn gleich zwei Mal gelesen,
gerne wäre ich dabei gewesen, fühlt sich sicher ganz toll an.
Danke schön für diesen Wunderschönen Beitrag.
Zdenek

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